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Stallluft aktiviert den Asthma-Blocker

Wer in seinem Haushalt auf äußerste Reinlichkeit und vielleicht sogar Sterilität achtet, tut seiner Gesundheit nicht immer Gutes. Schon seit vielen Jahren ist den Allergieforschern aufgefallen, dass Bauernhof-Kinder weniger Unverträglichkeiten wie Reaktionen gegen Gräser oder Hausstaub entwickeln. Schon seit etwa zehn Jahren läuft daher die Suche nach dem Keim, der eine solche Immuntoleranz vermittelt.

Noch sind die Forscher nicht fündig geworden. Aber einen ganzen Schritt näher gekommen sind sie einer Aufklärung, wenn es irgendwann einmal darum geht, ob sich Allergien im späteren Leben schon in den ersten Lebensjahren verhindern lassen. Lange Zeit suchte man die Lösung bei der Aktivierung des Immunsystems. Nach den Erkenntnissen von Forschern aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland schient zumindest einer der Schlüssel woanders zu liegen.

Endotoxin-Impfung gegen Asthma

Im renommierten Wissenschaftsmagazin Science publizierten sie nun Daten, die eindeuteig die „Hygiene-Hypothese“ unterstützen: Zuviel Hygiene fördert die Überreaktion der Abwehr.  Bakterien – allerdings nicht nur solche aus dem Stall – besitzen auf ihrer äusseren Hülle Lipopolysaccharide (LPS) , lange Zuckerketten die mit Fettsäuren in der Membran verankert sind. Beim zerfall der Bakterien gelangen diese Moleküle in den Körper und können dort eine Entzündungsreaktion auslösen. Genau solche LPS injizierten die Wissenschafter jungen Mäusen in die Nase . Bei der späteren Begegnung dieser Mäuse mit Hausstaubmilben zeigte sich der Schutz des frühen Kennenlernens dieser Immunstimulatoren: sie produzierten weniger entzündungsfördernde Substanzen – so genannte Zytokine und weniger dendritische Zellen, wichtigen Mitspielern bei einer anständigen kräftigen Abwehrreaktion gegen Feinde. Oder was vom Immunsystem für einen solchen gehalten wird.

Besonders interessierten sich die Forscher dabei für die Zugangswege der Milbenallergene in den Körper die Schleimhautzellen der Lunge. Als sie die Liste der aktivierten Gene bei dieser Allergie-Impfung durchgingen, stießen sie auf ein Enzym namens A20, dass anscheinend die Überreaktion des Immunsystems mit einem Allergen bremst. Zuchtmäuse, dnen das Gen für A20 fehlte, nutzte die Impfung mit dem Endotoxin, also dem LPS-Rest nach dem Bakterienzerfall nichts. Statt dem isolierten Bakterienmolekülen funktionierte gesammelter Stallstaub genauso gut als A20 Aktivator.

A20 sagt dem Immunsystem: Gut für Dich

Das gilt nicht nur für Mäuse, sondern auch für menschliches Lungengewebe. Zellen von Asthmatikern produzierten weniger A20 und ließen sich durch die Inkubation mit Endotoxin weniger beeindrucken als jene von gesunden Nicht-Allergikern. Einer überzeugendsten Befunde für die Rolle von A20 fand das Team schließlich bei Bauernhof-Kindern. Hin und wider tauchen auch bei Ihnen Mutationen bei A20 auf. Jene seltenen Fälle hatten ein durchschnittlich fünffach erhöhtes Asthma-Risiko.

A20, so einer der Autoren des Artikels, Bart Lambrecht von der Universität Gent, spielt nicht nur bei der Entstehung von Allergien eine wichtige Rolle. Auch im Darm einen Neugeborenen hilft es bei der Entscheidung mit, welche Keime die Guten sind und Ruhe vor der Abwehr haben und welche besser einen massiven Angriff des Immunsystems verdienen.

Stallluft-Extrakt zusätzlich zum Putzmittel?

Ganz geklärt ist die Sache mit dem Endotoxin-Schutz noch nicht. Denn die Konzentrationen dieser Moleküle sind auf dem Land und in der Stadt ungefähr gleich. Wahrscheinlich sind hier noch mehrere andere Faktoren im Spiel. Aber sich etwa A20 vorzunehmen und mit einem entsprechenden Booster die Spiegel bei Risiko-Kindern zu erhöhen, könnte ein Weg zu weniger Asthmatikern sein, wenn wir uns schon nicht die Stallluft ins sauber geputzte Haus holen können.

 

Der Original-Artikel bei Science: http://www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.aac6623

 

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